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Bürgerversammlung „Erneuerbare Energien in Eppelheim“

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion: Dr. Klaus Keßler (KLiBA, v. l.), Thomas Rink und Silvia Weiss (Zukunftswerkstatt Klima), Bürgermeisterin Patricia Rebmann, Benedikt Seelbach (städtischer Umwelt- und Naturschutzbeauftragter), Landwirt-Sprecher Simon Stephan und Moderator Christian Scharff vom SWR. Foto: Stadt Eppelheim

Für die Energiewende in Baden-Württemberg sollen bis zum Jahr 2025 mindestens zwei Prozent der Landesfläche (Zwei-Prozent-Flächenziel) für geeignete Freiflächen-Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagen planungsrechtlich gesichert werden, davon nach Vorgaben des Bundes 1,8 Prozent für Windenergie. 

Das Land hat mit allen zwölf Regionalverbänden bereits im Jahr 2022 eine Planungsoffensive gestartet, um die notwendigen Flächen für eine bessere Versorgung mit erneuerbaren Energien so schnell wie möglich zu reservieren.

Der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN), zu dem auch Eppelheim gehört, hat in seiner Versammlung im Dezember nach bestimmten Kriterien Standortvorschläge für Windräder und Solaranlagen festgelegt. Mit der Offenlage im ersten Quartal 2024 beginnt der Beteiligungsprozess, zu dem alle Bürgerinnen und Bürger, die in der Verbandsregion wohnen, eingeladen sind.

Neben diesen besonders geeigneten Flächen für die Windkraftnutzung oder Freiflächen-Photovoltaik sind auch Genehmigungen von Anlagen außerhalb dieser sogenannten Vorranggebiete möglich. Und das trifft auf Eppelheim zu, denn auf städtischer Gemarkung hat der Regionalverband keine Vorrangflächen ausgemacht. Zunächst wäre die Stadt also nicht in der Pflicht.

Um über diese Sachlage die Öffentlichkeit zu informieren und sich über mögliche Alternativen auszutauschen, hatte Bürgermeisterin Patricia Rebmann die Eppelheimerinnen und Eppelheimer in die Rudolf-Wild-Halle eingeladen. Es ging auch darum, gemeinsam Potenziale für Photovoltaik-Anlagen im Stadtgebiet auszuloten und neue Ideen für geeignete kleinere Flächen zu finden. 

„Haben wir nicht auch eine gesellschaftliche Verpflichtung?“, stellte sie bei der von Christian Scharff (SWR4) moderierten Bürgerinformation, zu der rund 130 Interessierte gekommen waren, zur Diskussion.

Die Ausgangslage war klar umrissen: Eppelheim kann sich an der Energiewende beteiligen, muss es aber nicht. Infrage kommt dafür nur Photovoltaik, denn auf städtischer Gemarkung sind weder die Voraussetzungen für Windräder noch für Geothermie gegeben.

Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren der städtische Umwelt- und Naturschutzbeauftragte Benedikt Seelbach, Dr. Klaus Keßler von der Klimaschutz- und Energieberatungsagentur (KLiBA), Simon Stephan als Sprecher für die Landwirte sowie Silvia Weiss und Thomas Rink für die Zukunftswerkstatt Klima im Haus der Begegnung – und damit aus der Mitte der Bürgerschaft.

Klaus Keßler von der KLiBA machte zunächst einen Faktencheck. Er stellte unter anderem den Endenergieverbrauch in Eppelheim heute und als Prognose für 2040 dar, darüber hinaus die Energieversorgung der Zukunft und das Potenzial zur erneuerbaren Stromerzeugung sowie das Freiflächenpotenzial für Photovoltaik. Sein Fazit: Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss schnell erfolgen. Die Dachflächen sind nicht ausreichend für den notwendigen erneuerbaren Strom. Photovoltaik-Freiflächen sind notwendig. Beides muss gleichzeitig erfolgen.

Aber: Alle Freiflächen sind landschaftlich vergeben, die Bodenqualität ist sehr gut – ein klassischer Nutzungskonflikt also. Landwirt-Sprecher Simon Stephan betonte: „Wir verwehren uns nicht gegen erneuerbare Energien – nur wie soll das in Eppelheim funktionieren?“ Knapp 40 Prozent – einiges davon in städtischer Hand und verpachtet – werden landwirtschaftlich genutzt. An dieser Stelle sicherte die Bürgermeisterin zu: „Pachtverträge mit Bauern zu kündigen, ist keine Option für uns.“

Benedikt Seelbach bekräftigte: „Landwirtschaft und Klimaschutz sollten sich nicht ausschließen.“ Für ihn lohnt es sich beispielsweise, über Agri-Photovoltaik nachzudenken, also die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte und Solarstromproduktion auf derselben Fläche. Gemeinsam mit Stephan erläuterte er die Alternativen, die die Bestellung eines Ackers, auch mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen, weiterhin ermöglichen: Entweder vertikale Photovoltaik-Module mit genügend Abstand oder senkrecht aufgeständerte Module in einer Höhe von vier bis fünf Metern. Dann spenden die Anlagen sogar Schatten und damit verdunstet weniger Wasser – gerade im Hinblick auf die immer heißer werdenden Sommer ein äußerst positiver Aspekt.

Doch es gibt auch einen Nachteil: Die relativ hohen Kosten machen Agri-Photovoltaikanlagen für potenzielle Investoren uninteressant. Dafür sieht Thomas Rink von der Zukunftswerkstatt Klima eine Lösung: eine Energiegenossenschaft mit Beteiligung von Firmen und Eppelheimern, was seiner Meinung nach die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern noch erhöhen würde. Aber er warb auch für private Anlagen wie seine Mitstreiterin Silvia Weiss, die ergänzte: „Wir müssen einfach anfangen zu handeln.“

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion mit reger Beteiligung aus den Reihen des Publikums hatten Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, Fragen zu stellen und zum Meinungsaustausch über Erfahrungen mit eigenen Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Es gab auch weitere Standort-Vorschläge.