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Auf dem Weg zur Stadterhebung

Chronik von Ehrenbürger und Alt-Gemeinderat Trudbert Orth

Ehrenbürger und Alt-Gemeinderat Trudbert Orth hielt die Festrede. Foto: Stadt Eppelheim

Bürgermeisterin Patricia Rebmann hatte den Ehrenbürger und Alt-Gemeinderat Trudbert Orth (Foto), der im Januar aus seinem Amt ausgeschieden ist, als Zeitzeugen gebeten, die Festrede zu halten und aus der Sicht eines „Insiders“ die Beweggründe des Antrags an das Land für die Ernennung der Gemeinde zur Stadt zu schildern. Seine Rede ist damit auch eine Chronik der Ereignisse damals.

„Da ich nach anfänglichen Bedenken zu den Befürwortern gehörte, hören Sie die Darstellung der damaligen Diskussionen und Ansichten und Abstimmungen von einer optimistischen Seite“, machte Orth von Beginn an kein Geheimnis aus seiner Sicht der Dinge. Er wies auch darauf hin, dass er jetzt über die Denkweise von vor 25 Jahren berichten werde. „Mit dem heutigen Wissen und den heutigen Ansichten ist dies nicht immer vergleichbar. Die Gesellschaft und die politischen Meinungen sind anders geworden. Auch die Bevölkerungsstruktur in Eppelheim hat sich stark verändert.“

Die Vorgeschichte

Die Idee zum Antrag auf die Verleihung der Stadtrechte kam vom damaligen Geschäftsführer des Städtetages und vom damaligen Eppelheimer Bürgermeister Dieter Mörlein. Letzterer war zwar von seiner Amtsnachfolgerin Patricia Rebmann und auch von Trudbert Orth zur Feier am 18. November 2023 in die Rudolf-Wild-Halle eingeladen worden, er ist aber nicht gekommen.

Eppelheim, wusste Orth zu berichten, verfügte als Mitglied im Gemeindetag als eine von damals rund 1100 Gemeinden über einen nur sehr geringen Einfluss auf die Landesregierung und über wenig Informationen. Beim Städtetag sei bei rund 300 Städten sehr viel mehr möglich und Eppelheim in verschiedenen Ausschüssen präsent gewesen. Es habe die Möglichkeit des Austauschs mit Bürgermeisterkollegen, aber auch mit dem Regierungspräsidium und der Landesregierung bestanden. Dadurch sei der Einfluss auf verschiedene Vorhaben und Entscheidungen gewachsen.

„Dieter Mörlein diskutierte die Idee einer Stadterhebung erstmals beim Spargelessen des Gemeinderats im Jahr 1997. Einige waren sofort begeistert, einige skeptisch und andere erbitterte Gegner“, erinnerte Orth. Es wurden Unterschriften gegen dieses Vorhaben gesammelt. Man habe argumentiert, dass der Bürgermeister ein höheres Gehalt bekomme und dass die Steuern und Gebühren steigen würden. Nichts davon sei eingetreten, sagte der Festredner. In einer hitzigen Gemeinderatssitzung am 30. Juni 1997 habe es eine Mehrheit für den Antrag gegeben, die Stadtrechte beim baden-württembergischen Innenministerium zu beantragen.

Orth zitierte aus der Stellungnahme des damaligen Gemeinderats Uwe Tonnecker, um die Argumente und Diskussionen zu verdeutlichen. Die Abstimmung ergab schließlich 13 Ja-Stimmen und 9 Nein­ Stimmen. Folgende Gemeinderäte waren anwesend: Christa Balling-Gündling, Dr. Elisabeth Baranyi, Regina Czechanowski, Dr. Elisabeth Dahlhaus, Dr. Soliman Fanous, Günther Fath, Hansjakob Fießer, Wilhelm Fießer, Hugo Giese jun., Bernd Gutfleisch, Manfred Heiland, Karl Junginger, Dr. Helmut Neunhöffer, Trudbert Orth, Gerhard Pfisterer, Judith Schmidbauer, Renate Schmidt, Friedhelm Schwegler, Uwe Tonnecker, Lothar Wesch, Linus Wiegand sr. und Lothar Wiegand. „Wer wie gestimmt hat ist heute nicht mehr relevant“, meint Ehrenbürger Orth.

„Nach dem Antrag beim Innenministerium kam eine Kommission nach Eppelheim, um sich ein Bild von der Gemeinde zu machen und um die Angaben der Verwaltung zu überprüfen“, erzählte er weiter. Bald sei der positive Bescheid aus Stuttgart gekommen. Die Voraussetzungen für die Verleihung der Stadtrechte waren erfüllt: Die Gemeinde muss mindestens 10.000 Einwohner haben, von denen der Hauptteil auf ein im Wesentlichen geschlossenes Siedlungsgebiet entfallen muss – Eppelheim hatte damals 13.700 Einwohner. Die Infrastruktur musste städtisch geprägt sein und die Gemeinde eine Mittelpunktfunktion aufweisen. Mit dem Schulzentrum, den kulturellen und den sportlichen Anlagen war Eppelheim gut gerüstet. Außerdem gab es ein großes Unternehmen von Weltruf sowie viele Mittel- und Kleinunternehmen, die zu einem beträchtlichen Steueraufkommen beitrugen.

Die Stadterhebung

Die Übergabe der Urkunde für die Stadterhebung sollte im würdigen Rahmen stattfinden. „Es wurde ausgiebig gefeiert und man kann sagen, ganz Eppelheim war auf den Beinen“, schilderte Zeitzeuge Orth weiter. Am 31.Oktober 1998 wurde mit einem Großen Zapfenstreich durch die Feuerwehrkapelle Eppelheim und dem Musikverein Heiligkreuzsteinach vor dem Rathaus Abschied vom Titel „Gemeinde“ genommen und die alte „Dorffahne“ eingeholt. Am 1. November wurde die Stadterhebung vor und im Rathaus gefeiert, die neue Stadtfahne gehisst. Es gab Ersttagsbriefe, Gedenkmünzen, Stadtsekt, Stadtwein, T-Shirts mit der Aufschrift „Eppelheim wird Stadt“ und viel Prominenz.

Bei der Einweihung der neuen Rudolf-Wild-Halle im Beisein von Leonie Wild, der Witwe des Spenders Rudolf Wild sowie den Söhnen Hans-Peter und Rainer wurde die Stadterhebung mit dem damaligen Innenminister Dr. Thomas Schäuble, der die Urkunde der Landesregierung mitgebracht hatte, gefeiert. Ein besonderer Höhepunkt war einige Zeit später noch das Konzert mit dem international bekannten Tenor Peter Schreier, einem Freund des damaligen Gemeinderats Uwe Tonnecker, der diese Veranstaltung maßgeblich möglich gemacht hatte.

Trudbert Orth ist der Auffassung, dass die Aufwertung von einer Gemeinde zur Stadt von vielen so gewollt, sinnvoll und auch klug für Eppelheim war. Er blickte auf die Geschichte Eppelheims zurück, er beschrieb die Entwicklung der Vereinslandschaft und das Einwohnerwachstum: 1905 hatte Eppelheim 2.644 Einwohnerinnen und Einwohner, 1997 waren es 13.904 Bürgerinnen und Bürger und heute sind 15.200.

Als Gründe machte er die Ansiedlung vieler Firmen wie die Rudolf-Wild-Werke mit internationaler Ausrichtung aus, aber auch mittelständischer Firmen, die zusammen der Gemeinde viele Steuereinnahmen brachten. Dadurch konnten viele öffentliche Einrichtungen ermöglicht werden. Beispielsweise verfügt Eppelheim über alle Schultypen, über zahlreiche Sportanlagen und Sporthallen sowie über Kindertagesstätten und Kindergärten in ausreichender Zahl unter Mitwirkung der beiden christlichen Konfessionen. Weiterhin zählte er als Standortfaktor eine funktionierende Infrastruktur auf.

„All das zog viele Neubürger zu uns nach Eppelheim in eine Wohlfühlgemeinde“, sagte Trudbert Orth. Somit sei das Ansinnen, dass für diese Leistung auch eine Anerkennung des Landes folgen sollte, geradezu folgerichtig gewesen. Denn man habe sich bei der Gemeinde- und Gebietsreform des Landes erfolgreich gegen die geplante Eingemeindung nach Heidelberg gewehrt. „Die Eppelheimerinnen und Eppelheimer waren stolz auf ihre Gemeinde. Die Erhebung zur Stadt hat auch das Selbstwertgefühl deutlich verbessert. Deshalb war der Großteil der Einwohnerinnen und Einwohner mit dem Antrag zur Stadterhebung einverstanden.“

Die Zukunft

Eppelheim hat mit rund 570 Hektar eine kleine Gemarkung, innerhalb der über 15.000 Einwohnerinnen und Einwohner leben. Eppelheim ist damit die bevölkerungsreichste Stadt mit der kleinsten Fläche in Baden-Württemberg, führte Trudbert Orth aus. Eine große Ausweitung von Baugebieten könne es nicht mehr geben. Aber nach den Beschlüssen des derzeitigen Gemeinderats soll eine Innenentwicklung stattfinden können, um den Wohnungsbedarf der eigenen Bevölkerung und von jungen Familien möglich zu machen. Auch der Sozialwohnungsbau sei eine weitere größere Herausforderung. Bei allem müsse natürlich auf die Auswirkungen der Klimakrise in realistischer Weise Rücksicht genommen werden.

„Nach dem Antrag beim Innenministerium kam eine Kommission nach Eppelheim, um sich ein Bild von der Gemeinde zu machen und um die Angaben der Verwaltung zu überprüfen“, erzählte er weiter. Bald sei der positive Bescheid aus Stuttgart gekommen. Die Voraussetzungen für die Verleihung der Stadtrechte waren erfüllt: Die Gemeinde muss mindestens 10.000 Einwohner haben, von denen der Hauptteil auf ein im Wesentlichen geschlossenes Siedlungsgebiet entfallen muss – Eppelheim hatte damals 13.700 Einwohner. Die Infrastruktur musste städtisch geprägt sein und die Gemeinde eine Mittelpunktfunktion aufweisen. Mit dem Schulzentrum, den kulturellen und den sportlichen Anlagen war Eppelheim gut gerüstet. Außerdem gab es ein großes Unternehmen von Weltruf sowie viele Mittel- und Kleinunternehmen, die zu einem beträchtlichen Steueraufkommen beitrugen.