Biersteuer der Gemeinde Eppelheim

Das Bier hat nicht nur immer der Erquickung und Freude der Trinkenden gedient. Es hat zu allen Zeiten, in denen Menschen ein geregeltes Miteinander fanden, auch dazu beigetragen, Kassen zu füllen. Die Grundherren des Mittelalters freuten sich über eine Naturalabgabe, die sie als Zehnt erhoben. Im 14. Jahrhundert wurde Biergeld, Bierpfennig oder Bierakzise von den Städten vereinnahmt, und schließlich im 16. Jahrhundert entdeckten die Landesherren das Bier als Einnahmequelle – die Bayern bereits 1543, um Schulden aus den Türkenkriegen decken zu helfen.

Das Land Baden hat im Bereich der Biersteuer schon immer eine besondere Rolle gespielt. Es erhob die Biersteuer ab dem Jahre 1812 als Landessteuer und fand sich erst am 1. Juli 1919 zusammen mit Bayern bereit, der Biersteuergemeinschaft des Deutschen Reiches beizutreten und die Landessteuergesetzgebung aufzuheben, nicht ohne Ausnahmen zum Beispiel auf dem Gebiet des Reinheitsgebots erfochten zu haben.

Die letzte Zollschranke innerhalb des Deutschen Reiches war damit gefallen, denn trotz der Gründung des deutschen Zollvereins am 1. Januar 1834 und des Deutschen Reiches 1871 gab es weiterhin eine Biersteuergrenze zum Beispiel zwischen Hessen und Baden: Eine „Übergangsabgabe“ war als Bierzoll zu zahlen. Seit 1873 gab es das „Gesetz wegen Erhebung der Brausteuer“ für das Gebiet des Deutschen Reiches mit Ausnahme von Bayern, Württemberg, Baden, Elsass-Lothringen und Luxemburg“, seit 1923 ein Biersteuergesetz für eine Steuer, das im gesamten Deutschen Reich galt, wiederum mit kleineren Sonderregelungen für die Länder Bayern, Württemberg und Baden.

Auch die Gemeinde Eppelheim war eine Zeitlang in der „unglücklichen“ Lage, eine eigene Biersteuer erheben zu dürfen. In der wirtschaftlich schweren Zeit nach der Inflation war es auf Grund eines Finanzausgleichgesetzes zwischen Reich, Ländern und Gemeinden vom 9. April 1927 den Gemeinden möglich, eine Verbrauchsteuer namens „Gemeindebiersteuer“ zu erheben. Dem Beispiel benachbarter Gemeinden folgend beschloss der Gemeinderat mit Bürgermeister Jäger und den Gemeinderäten Schwegler, Ruppert, Martin, Gieser, Schuhmacher, Riegler, Wolf und Werner, auch in Eppelheim zum 1. Juli 1928 eine Biersteuerverordnung zu erlassen und eine Biersteuer mit sieben Prozent auf den Herstellungspreis zu erheben. Der Bürgerausschuss stimmte dem am 27. März 1928 zu, und auch der badische „Minister des Innern“ gab am 18. Juni 1928 seine Genehmigung.

Die Brauereien „Brauereigesellschaft zum Engel vormals Chr. Hofmann AG“ Heidelberg, „Heidelberger Aktienbrauerei vorm. Kleinlein“ Heidelberg, „Schwanenbrauerei Kleinschmidt AG“ Schwetzingen, „Brauereigesellschaft Eichbaum (vorm. Hofmann)“ Mannheim, „D. Wiswesser GmbH“ Neckarhäuser Hof und „Brauerei Schwartz-Storchen“ in Speyer versuchten dies in einem gemeinsamen Schreiben zu verhindern, allerdings erfolglos.  Das in Eppelheim zum Verbrauch bestimmte Bier war nun mit einer zusätzlichen Steuer belegt, „gleichviel, ob es in der Gemeinde selbst gebraut wird oder von auswärts eingeführt wird“. Aus den Akten ist ersichtlich, dass in Eppelheim selbst kein Bier hergestellt wurde, wie dies in früheren Jahren in der Brauerei und Gaststätte „Zur Rose“ um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert noch möglich war. So musste sich die Gemeinde des Öfteren mit „einführenden“ Brauereien und mit deren Empfängern auseinandersetzen.

Schreiben der drei Eppelheimer Gesangvereine vom 23. Februar 1930 an den Gemeinderat (Stadtarchiv Eppelheim)

Schriftwechsel der Gemeindeverwaltung wurde aber auch mit Vereinen geführt, die bei ihren Festen Bier ausschenkten. So wurde eine Anfrage des „Sängerbundes Eintracht“, ob ihm „für das am Verfassungstag verabreichte billig verkaufte Bier die Gemeindebiersteuer erlassen werden könnte, vom Gemeinderat negativ beschieden. Die Engelbrauerei in Heidelberg wollte im September 1929 wissen, ob für das dem „Arbeiter Turn- und Sportverein“ gelieferte 3.825 Liter Spezialbier Gemeindebiersteuer gezahlt werden müsse, was dessen „Vorstand bzw. Stadtrat Zuber von Heidelberg“ angeregt hatte. Auch hier Ablehnung. Ein Gesuch der drei Eppelheimer Gesangvereine „Sängerbund Eintracht“, „Sängerbund Germania“ und „Arbeitergesangverein“ mit ihren Vorsitzenden M. Schlegel, G. Weckauf und H. Rühle, die sich zumindest für eine steuerfreie Veranstaltung im Jahr einsetzten, wurde im Hinblick auf die finanzielle Notlage der Gemeinde abgelehnt mit dem Hinweis, dass dies auch für die zu entrichtende Vergnügungssteuer gelte.

Zum 1. Januar 1931 wurde die Biersteuerverordnung auf Grund der Notstandsgesetze geändert, und eine daraufhin am 15. Dezember 1930 im Gemeinderat erlassene Neufassung wurde im Bürgerausschuss mit 42 gegen 15 Stimmen genehmigt. Nunmehr waren die Steuer nach dem Stammwürzegehalt zu erheben:

Einfachbier (3 bis 6,5 v. H. Stammwürzegehalt) 2,50 RM/hl
Schankbier (als Schankbier gilt Berliner Weiße und Grätzer Bier) 3,75 RM/hl
Vollbier (11 bis 14 v. H. Stammwürzegehalt) 5,00 RM/hl
Starkbier (Stammwürzegehalt 16 v. H. und mehr) 7,50 RM/hl

Eine weitere Notverordnung des Reichspräsidenten macht das Biertrinken noch teurer. Seit dem 1. Mai 1931 war ein Zuschlag von 100 Prozent zu erheben, die Gemeindebiersteuer verdoppelte sich. Die Brauereien fühlten sich bei Gemeinden unter 8.000 Einwohnern nicht mehr verpflichtet, die Biersteuer zu zahlen. Die Benachrichtigung der Steuererhöhung ging deshalb direkt an die Wirte und Bierverkäufer. Der Verband Badischer Gemeinden erreichte dann doch eine Einigung mit dem Verband der Brauereien des Pfalzgaues in Mannheim über die Steuerzahlung weiterhin durch die Brauereien.
Das Badische Bezirksamt in Heidelberg teilte am 31. März 1932 den Gemeinden mit, dass die Biersteuererhebung inkl. Zuschlägen durch die Gemeinden weiterhin gelte, auch wenn der Reichspräsident am 19. März 1932 eine Verordnung über „Biersteuersenkung u.s.w.“ erlassen habe.

Briefkopf eines Schreibens der Heidelberger Aktienbrauerei an die Gemeinde Eppelheim im Jahre 1931 (Stadtarchiv Eppelheim)

Die kommunale Biersteuererhebung lief verwaltungsmäßig reibungslos, lediglich in einigen wenigen Fällen etwa bei Geschäftsaufgabe wurden Nachlässe gewährt. Mitunter zeigte man sich sogar wohlwollend; Joh. Heitzmann hatte für die Katholische Kirchengemeinde den Erlass von 15,10 RM Biersteuer beantragt, die für 151 Liter Bier verlangt wurden, das bei einem gestifteten Essen an Arme und Erwerbslose kostenlos ausgegeben worden war. Dem Antrag wurde stattgegeben. Wo nichts mehr zu holen war, zum Beispiel nach erfolgloser Zwangsbeitreibung, wurde die Steuerschuld „in Abgang“ gebracht.

Entgegenkommen zeigt die Gemeindeverwaltung im Jahre 1934 gegenüber der Feuerwehr, die am Erntedankfest „Bier zum Preise von 60 Pfg.“ ausgegeben hatte, „um jedem zu ermöglichen, dass er ein Bier trinken kann, das nicht zu teuer ist“. Kein Entgegenkommen erfuhr im April 1936 der Lieferant der „Kantine der R.A.B. (Reichsautobahn)“ Karl Schmeckenbecher in Wiesental, der Erstattung der Biersteuer beantragte, „da es sich ja fast durchweg nur um Eppelheimer Arbeiter handelt und die Beschäftigungsdauer ja nur vorübergehend ist. Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass der Verdienst der Arbeiter an der Autobahnstrecke nicht allzu hoch ist und sich somit die Leute eine Flasche Bier zu einem hohen Preis nicht leisten können“. Der Verkaufspreis müsse sonst entsprechend erhöht werden. Im Oktober 1936 wandte sich die Biergroßhandlung W. E. Fritz aus Karlsruhe an die Gemeindekasse Eppelheim: „Wie Ihnen bekannt ist, haben wir bei der Belieferung der Baukantine dort im vorigen Jahr einen großen Verlust erlitten“. Die Erstattung von noch ausstehenden 144 RM aus Billigkeitsgründen wurde erbeten. Auch dies wurde abgelehnt.

Es ging aber auch anders: In einem Schreiben an die Schwanenbrauerei Schwetzingen teilt der Bürgermeister Hübner mit: „Das für die Veranstaltung des Volksfestes der NSDAP-Ortsgruppe Eppelheim vom 19. bis 21. Juni 1937 gelieferte Bier ist von der Biersteuer der Gemeinde Eppelheim freigestellt." Dazu musste nicht einmal ein Antrag gestellt werden. Vom 28. Mai bis 6. Juni 1938 feierte die „Zimmerstutzen-Gesellschaft ‚Edelweiß‘ Eppelheim auf dem Schulhausplatz ihr 25-jähriges Jubiläum. Der Ausschank erfolgte durch die „Hirsch“-Wirte Georg Würges und Luise Fießer sowie durch Johann Georg Pfisterer, Josef Wiegand und Jakob Joseph. Die Ausschankgenehmigung wurde erteilt, die gewünschte Steuerbefreiung nicht.
Am 1. Oktober 1938 endete die Erhebung der Gemeindebiersteuer durch ein „Reichgesetz zur Änderung des Finanzausgleichs“ – die Reichsbiersteuer wurde erhöht, und die Gemeinden wurden abgefunden. Als Entschädigung erhielt die Gemeinde Eppelheim im April 1939 1.400 RM, am 13. Februar 1940 etwas weniger, nämlich 1.000 RM. Im Oktober 1940 wurden 939 RM angewiesen, am 3. November 1941 nochmals 988 RM. Eine letzte Zahlung mit 1.016 RM ist für das Rechnungsjahr 1942 mit Schreiben des Landrats in Heidelberg vom 1. Oktober 1942 vermerkt.

Die Mitteilung der Biersteuererhöhung zum 1. Mai 1931 ging an:
Adam Abraham Schwegler                                         Zum Löwen
Theodor Sauter                                                            Zum Ochsen
Karl Denz                                                                       Zum Hirsch
Karl Pfisterer                                                                 Zum Pflug
Franz Oehl                                                                     Zur Krone
Georg Fiesser                                                                Weinstube Laumann
Johann Fießer                                                               Zur Rose
Ludwig Fießer Wwe                                                     Zum Prinz Karl
Karl Erni                                                                         Zum Deutschen Hof
Josef Mühlbauer                                                           St. Franziskushof
Nikolaus Hetterich Wwe                                             Zum Adler
Johann Georg Pfisterer                                               Zur Pfalz
Hans Wiest                                                                    Zum Grünen Laub
und 17 Bierverkaufsstellen

Gasthaus „Zum Hirsch“ in den 1920er Jahren (Stadtarchiv Eppelheim)

Von den Gaststätten des Jahres 1931 existieren heute nur noch drei – das völlig renovierte Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“, das Gasthaus „Zum Pflug“, heute als „Der Grieche“ gegenüber dem Rathaus, und das Gasthaus „Zum Adler“ in der Rudolf-Wild-Straße, der früheren Bahnhofstraße. Die anderen sind entweder abgerissen oder werden für andere Zwecke genutzt. Fast alle hatten im Obergeschoß Säle, in denen sich das gesellschaftliche Leben Eppelheims im 19. und 20. Jahrhundert abspielte. Interessant ist ein Überblick darüber, wo sich die nicht mehr bestehenden Gasthäuser befanden und wie die Gebäude seither genutzt werden:
Das Gasthaus mit Metzgerei „Zum Ochsen“ stand in der Hauptstraße gegenüber der Einmündung der Blumenstraße. Nach dem Krieg war dort auch das örtliche Kino. Heute ist dort ein Parkplatz und daneben der Boule-Platz.
Das Gasthaus „Zum Hirsch“ war Stammlokal vieler Vereine, darunter der Sängerbund Eintracht, die Naturfreunde, die Zimmerstutzenschützen und Kegelclubs. Es stand in der Hauptstraße kurz vor der Kurve am Feuerwehrhaus. Nach dem Krieg diente es unter anderem als Postamt. Heute befindet sich dort die Südwestecke des Waber-Baus.

Eppelheims ältestes Gasthaus „Zur Krone“ lag an der Hauptstraße 83 gegenüber dem Rathaus neben der Metzgerei. Heute findet man dort an der Nordostecke des Waber-Baus das „Café Central“.
Die „Weinstube Laumann“ besuchte man in dem heute noch repräsentativen Gebäude Hauptstraße 71 gegenüber der Volksbank. Zurzeit wird es als Friseursalon und zu Wohnzwecken genutzt.
Auch das Gasthaus „Zur Rose“ direkt neben der evangelischen Kirche war Heimat zahlreicher Vereine. Im 19. Jahrhundert beherbergte es auch die einzige bekannte Eppelheimer Brauerei. Heute wird es gewerblich und für Wohnungen genutzt.
Das Gasthaus „Zum Prinz Karl“, die Eppelheimer nannten es auch „Zum Buren“, befand sich an der Ecke Hauptstraße/Jakobsgasse gegenüber der Vereinsbank. Heute beherbergt es Wohnungen.
Das Gasthaus „Zum Deutschen Hof“ am Beginn der Wieblinger Straße gegenüber dem Gottlob-Hees-Platz war lange bei den Vereinen sehr beliebt. Schon vor dem Krieg diente es im Obergeschoß als Zigarren-Werkmeisterbetrieb und später den graphischen Betrieben „Fotopress“ als Produktionsstätte. In den 1980er Jahren abgerissen, stehen heute dort Wohnhäuser.
Der „Franziskushof“ am Marktplatz/Hugo-Giese-Platz musste dem neuen katholischen Gemeindezentrum weichen.
Das Gasthaus „Zur Pfalz“ an der Ecke Friedrich-Ebert-Straße/Blumenstraße ist inzwischen ein Fotostudio.
Das Gasthaus „Zum grünen Laub“ wurde in der Nähe des ehemaligen Bahnhofs weit außerhalb des Ortskerns in der damaligen Bahnhofstraße/Rudolf-Wild-Straße 80 gebaut. Nach einem Versuch als „Drei Platanen Haus“ wird es heute nicht mehr bewirtschaftet.

(Klaus Preuß)